Mainzer Frauen früherer Jahrhunderte ein Gesicht geben – angeregt durch den seit über 30 Jahren jährlich erscheinenden gedruckten Frauenkalender des Mainzer Frauenbüros haben sich Geschichtsstudierende gemeinsam mit Frau Prof. Dr. Bettina Braun dieser Thematik angenommen. In einer Projektübung, eingebettet in das Modellprojekt ModeLL-M, das von der Stiftung “Innovation in der Hochschullehre” gefördert wird, wurde ein digitaler Frauenkalender erarbeitet, in dem 12 Mainzer Frauen und eine Unbekannte aus der Zeit um 1800 vorgestellt werden. Dabei kamen nur Frauen für das Projekt in Frage, die in Mainz geboren wurden, in der Stadt gelebt haben oder dort gestorben sind. Die Ergebnisse der vielfältigen Recherchen, die mitunter auch ins Stadtarchiv und auf den Friedhof führten, werden hier nun in 13 Kalendergeschichten vorgestellt.
Charlotte Philippine Jakobina Lauteren, geborene Michel kam 1813 als Tochter von Carl Christoph Michel und Anna Catharina Michel, geborene Reinhard zur Welt. Ihr Vater hatte 1811 die Lederwarenfabrik der Familie, Michel & Deninger, von Idstein im Taunus nach Mainz verlegt. Als Tochter einer Fabrikantenfamilie wird sich ihre Ausbildung vermutlich auf die Vorbereitung auf ihre Rolle als Hausvorsteherin, Ehefrau und Mutter konzentriert haben, denn das aufstrebende Bürgertum konnte es sich leisten, dass Ehefrauen nicht durch Erwerbsarbeit zum Haushaltseinkommen beitragen mussten.
Mit 22 Jahren, am 24. März 1835, heiratete Charlotte Michel den zwei Jahre älteren Christian Ludwig Lauteren, der aus einer angesehenen Mainzer Weinhändlerfamilie stammte. Über das Verhältnis der beiden Eheleute zueinander ist nichts bekannt, eine erfüllte Ehe auf der Grundlage von Zuneigung und freier Entscheidung war jedoch ein bürgerliches Ideal und Abweichungen von dieser Norm wurden registriert und nur in Ausnahmefällen akzeptiert. Um Ressourcen abzusichern und auszubauen, beschränkte sich die Partnerwahl dabei jedoch auf das eigene Herkunfts- und Sozialmilieu.
Die Familie Lauteren zählt zu den bedeutendsten Mainzer Weinhändlern des 19. Jahrhunderts. Christian Ludwigs Großvater, der Handelsrichter und hessische Abgeordnete Christian Philipp Lauteren (1755-1843), gründete 1790 die Weinhandlung „C. Lauteren“. 1808 kaufte er den „Wambolder Hof“ in der Emmeransstraße und baute ihn zum Firmensitz aus. Sein Sohn Clemens Lauteren (1786-1877) führte das Geschäft des Vaters weiter. Daneben war er einer der fünf Gründer der hessischen Ludwigsbahn AG, die den Schienenbau von Worms nach Mainz und Bingen vorantrieb. Außerdem war er, wie sein Vater, Abgeordneter des hessischen Landtags. Charlotte Lauterens Ehemann Christian Ludwig führte das Familienunternehmen in dritter Generation fort. Er war Großaktionär der Ludwigsbahn AG und wurde 1851 in die erste Kammer der Hessischen Landstände berufen. In Mainz setzte er sich als Mitglied der Stadtverordnetenversammlung für die Verlegung der Eisenbahn vom Rheinufer weg, den Tunnelbau zwischen Römischem Theater und Bahnhof sowie die Aufschüttung des Rheinufers ein, weshalb das dort entstandene Stadtviertel nach ihm Lauterenviertel genannt wurde.
In wohlhabenden bürgerlichen Familien war es gängige Praxis, sich selbst, seinen sozialen Status und sein Vermögen - häufig in gestellt ungezwungener Pose – in Porträts zu inszenieren. Die Eheleute Lauteren ließen sich kurz nach der Hochzeit von dem renommierten Maler Benjamin Orth porträtieren. Schon die Auswahl des Malers zeigt die gesellschaftliche Stellung der Familie, aber auch das Bild selbst gibt darüber Auskunft: Charlotte sitzt in weißer Abendgarderobe, womöglich ihrem Hochzeitskleid, auf einem Sessel und hält eine Stickerei in ihren Händen, während auf dem Beistelltisch vor ihr weitere Handarbeitsutensilien bereit liegen. Ihr Ehemann steht schräg hinter ihr, die eine Hand auf der Rückenlehne des Sessels abgelegt, die andere in die Hüfte gestemmt. Die Inszenierung lässt Rückschlüsse auf die Vorstellungen von der Aufgabenverteilung in der Ehe zu: Der Mann steht, ist beim Fenster und damit der Außenwelt platziert, er nimmt die tätige Rolle ein, während ihre Aufgaben in der häuslichen Sphäre liegen. Im Hintergrund ist durch ein Fenster eine Flusslandschaft zu erkennen, die an den Rhein als Ursprung des Lauterschen Wohlstands erinnert. Das Fenster wird teilweise durch einen opulenten roten Vorhang verdeckt, ein Ausstattungsstück, das ursprünglich für adelige Porträts typisch war. Das Familienporträt wurde vermutlich für den repräsentativen Salon der Familie Lauteren angefertigt. Im gleichen Zusammenhang entstand auch ein deutlich kleineres Gemälde, das nur Charlotte Lauteren zeigt und vermutlich für die Familie Michel vorgesehen war.
Während Christian Ludwig noch im Jahr der Hochzeit in das Weingeschäft seines Vaters einstieg, wurde Charlotte schnell schwanger. Kurz nach der Geburt ihres Kindes starb sie im Wochenbett mit nur 23 Jahren. Sie erlebte nicht mehr, wie ihr Mann ein Jahr später die deutsche Sektmanufaktur begründete und später in der Mainzer und hessischen Politik Karriere machte.
Die Geburt von Kindern stellte in der frühen Neuzeit ein besonderes Risiko in der weiblichen Biografie dar. Die hohe Müttersterblichkeit sorgte dafür, dass Männer oft ein zweites Mal heirateten, um die Versorgung der Kinder abzusichern. Die Sterblichkeit von bürgerlichen Frauen war dabei nicht signifikant geringer als die von Frauen niedrigerer Schichten. Immerhin fünf von 100 Müttern starben infolge von Schwangerschaft und Geburt. Eine der Hauptursachen war das Kindbettfieber, eine Infektionskrankheit, bei der der Erreger durch Geburtswunden eindringt. Erst ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts konnte dieses Risiko durch verbesserte Hygiene in der Geburtshilfe minimiert werden.
Als Tochter des Hofgerichtsassessors und späteren Hofrats Raymund Peetz und seiner Frau Maria Spes wuchs Maria Fides als ältestes von zwei Kindern in Mainz auf. Über das Heranwachsen der späteren Äbtissin ist nichts bekannt, jedoch dürfte sie aus ihrem Elternhaus einen gewissen Bildungsstand mitgebracht haben, da ihr Vater als Jurist ein Universitätsstudium absolviert hatte. Diese Bildung wird auch dazu beigetragen haben, dass die junge Maria Fides nicht lange nach ihrem Eintritt in das Kloster Altmünster diverse Ämter ausübte.
Als Hofgerichtsassessor bezeichnete man den Beisitzer eines Hofgerichts. Seine Aufgabe bestand darin, gemeinsam mit seinen Kollegen die Urteile zu fällen. Voraussetzung für dieses Amt war ein juristisches Studium. Der Hofrat war der landesfürstliche Rat eines Herrschers. Die Mitglieder des Hofrats berieten den Herrscher in administrativen und gerichtlichen Angelegenheiten.
Das Altmünsterkloster gehörte zum Zisterzienserorden und befand sich zwischen der Schillerstraße, Münsterstraße und der Walpodenstraße, dort wo heute die Kirche der evangelischen Altmünstergemeinde steht. Es zählte zu den ältesten Klöstern in Mainz und besaß großen Reichtum. Dies hing mit dem großen Grundbesitz des Klosters und den daraus generierten Einnahmen zusammen. Das Kloster hatte im Laufe seiner langen Bestandsgeschichte viele Schenkungen erhalten.
Der Orden der Zisterzienser entstand 1094 im französischen Kloster Cîteaux. Er zählt zu den mittelalterlichen Reformorden. Ziel war es, wieder streng nach den ursprünglichen Regeln des Heiligen Benedikt zu leben, die in den Augen der Reformanhänger im Laufe der Zeit in Vergessenheit geraten waren.
Das Altmünsterkloster gehörte zu den ältesten Klöstern in Mainz. Der Name “Altmünster” hat nichts mit einem Münster im heutigen Sinne zu tun, sondern bedeutet schlicht “altes Kloster” (monasterium). Gegründet um 700 bestand das Kloster über tausend Jahre, bevor es 1781 von Kurfürst Friedrich Karl Joseph von Erthal zugunsten der Finanzierung der Mainzer Universität aufgelöst wurde.
Als Besonderheit des Klosters galt das sogenannte heilige Schweißtuch, die Hauptreliquie des Klosters. Es wird vermutet, dass dieses Schweißtuch vom Totenbett der heiligen Bilhildis, der Gründerin des Klosters, stammte. Dieser Reliquie verdankte Altmünster wohl auch viele der Schenkungen, die ihm zu seinem Reichtum verhalfen.
Die Klostergemeinschaft bestand aus 18-40 Schwestern, denen die Äbtissin vorstand. Nachdem das Kloster 1243 in den Zisterzienserorden eingegliedert worden war, unterstand Altmünster dem Abt von Kloster Eberbach und nicht mehr dem Kurfürsten. Nach dem Dreißigjährigen Krieg musste das Kloster der neuen Befestigungsmauer der Stadt weichen und wurde 1656 abgerissen. Der Neubau befand sich dann innerhalb der neuen Stadtmauer auf klostereigenem Boden.
Der geistliche Lebensweg der Mainzer Bürgerstochter erscheint aufgrund ihres Zweitnamens passend, da das lateinische Wort „Fides“ Glauben bedeutet. Mit vierundzwanzig Jahren legte Maria Fides ihr Gelübde im Altmünsterkloster ab. Schon zwei Jahre später wurde sie zur Speichermeisterin ernannt. Zehn Jahre später, mit gerade einmal sechsunddreißig Jahren, wurde Maria Fides am 3. Februar 1728 einstimmig zur Äbtissin des Klosters gewählt. Da das offizielle Mindestalter für dieses Amt auf vierzig Jahre festgelegt worden war, lässt das junge Alter der neuen Äbtissin ihre besondere Eignung vermuten.
Nach ihrem Amtsantritt wurden viele neue kunstvolle Gegenstände für das Kloster angefertigt. Die neue Äbtissin legte das Kapital des Klosters nicht mehr in Immobilien an, sondern in Kunst. Als Höhepunkt dieser Anschaffungen gilt der prachtvolle Hochaltar mit vier Seitenaltären im Rokokostil, der über die Grenzen des Klosters hinaus Aufsehen erregte. Ganz im Sinne des Barocks legte Maria Fides einen Fokus auf die Repräsentation des Klosters. In dieses Bild passte auch ihr Ansinnen, der Hauptreliquie des Klosters, dem heiligen Schweißtuch, ein Gebet und eine eigene Messe zu widmen. Dieser Bitte wurde jedoch von der römischen Kurie nicht stattgegeben.
Als Äbtissin fiel Maria Fides neben der Aufsicht über das Kloster auch dessen Vertretung nach außen zu. Sie leitete die wirtschaftlichen Aktivitäten des Klosters. Von ihren Entscheidungen hing somit auch der wirtschaftliche Erfolg des Klosters ab. Zudem wurden die dem Kloster unterstellten Ämter von der Äbtissin besetzt. Der Mikrokosmos des Klosters mit all seinen Besitzungen lag in den Händen dieser Frau. Dass das Kloster in der Regierungszeit von Maria Fides seinen wirtschaftlichen Höhepunkt erreichte, sagt daher viel über das Geschick der Äbtissin aus.
Nach einer neununddreißigjährigen Amtszeit als Äbtissin starb Maria Fides 1767 mit 75 Jahren im Kloster Altmünster.
Barbara Haenlein war die Tochter des Marktschiffers Konrad Haenlein. Die Bürgerstochter und Philipp Carl Thiery (geb. 12. November 1746) heirateten am 24. April 1786. Das Kirchenbuch spricht von der Ehe eines “civis et pharmacopola” mit einer “virgine Mogona”, also der Verbindung eines Bürgers und Apothekers mit einer Mainzer Jungfrau. Denn Thiery war der Eigentümer der 1716 gegründeten und noch heute existierenden Adlerapotheke in der Augustinerstraße 23 in Mainz.
Ein Marktschiffer war der Betreiber eines Marktschiffes. Dieses wurde in der Regel von der Landesherrschaft eingerichtet und verliehen. Es diente zum Transport von Marktbesuchern und dem Warenverkehr auf Wasserstraßen.
Nach nur zwei Jahren Ehe starb Philipp Carl Thiery am 18. Dezember 1788 im Alter von 42 Jahren. Die Ehe mit seiner 25-jährigen Frau Barbara war kinderlos geblieben. In seinem Testament, welches er sechs Monate vor seinem Tod verfasst hatte, hinterließ er seiner „immer geliebte[n] Ehefrau Barbara“ die Apotheke. Er ernannte sie zu seiner „einzigen Erbin“, seine fünf Geschwister gingen leer aus. Von diesen erhoffte er sich jedoch Verzeihung für seine Entscheidung. Dieser Satz lässt aufhorchen: Waren die Liebesschwüre an seine Frau nur Floskeln und der wahre Grund, weshalb er sie zur Erbin ernannte, Streit mit seinen Geschwistern? Natürlich können auch beide Gründe für Thierys Entscheidung eine Rolle gespielt haben. Er hatte seinen Geschwistern bereits, nachdem er die Apotheke von seinem Vater übernommen hatte, jeweils 3000 Gulden bezahlt, weswegen deren Ansprüche auf die Apotheke eigentlich erloschen gewesen waren.
Kurze Zeit nach dem Tod Thierys wollte die junge Witwe erneut heiraten. Als Besitzerin einer Apotheke war sie eine gute Partie, als Frau wäre es für sie allerdings schwierig geworden, diese alleine zu führen. Sie hatte Heinrich Gottlieb Schlippe in der Krämerzunft kennengelernt, wo sie einen Mann suchte, der die Adlerapotheke fortführen konnte. Zum Fortführen der Apotheke hätte sie auch einen Verwalter einsetzen können, aber die Leitung der Apotheke durch einen richtigen Apotheker war selbstverständlich die bessere Lösung. Bereits am 26. März, drei Monate nach Thierys Tod, beantragte Schlippe, der zu diesem Zeitpunkt Geschäftsführer der Mohrenapotheke war, eine Erlaubnis zur Heirat mit Barbara Thiery und die Anerkennung als Eigentümer der Adlerapotheke. Daraufhin versuchten die Thiery-Geschwister Barbara die Apotheke abspenstig zu machen. Das Vizedomamt der Stadt Mainz entschied jedoch gegen die Thiery-Geschwister und für die Verwitwete und ihren Zukünftigen.
Heinrich Gottlieb Schlippe wurde am 12. Juli 1752 in Weißenfeld in Sachsen geboren. 1780 beendete er ein Studium der Pharmazie an der Mainzer Universität. Unmittelbar danach hatte er die Stelle des Geschäftsführers der Mohrenapotheke übernommen. Nachdem er Barbara kennengelernt hatte, musste er, um sie heiraten zu können und Eigentümer ihrer Apotheke werden zu können, zunächst in die Bürgerschaft der Stadt aufgenommen werden. Dies war mit Schwierigkeiten verbunden, da er Protestant im katholischen Mainz war. Da die Stadt jedoch Interesse an einem geeigneten selbstverwaltenden Apotheker besaß, er mit 3500 Gulden ein erhebliches Vermögen hatte und er eine zusätzliche Abgabe wegen seines Glaubens zahlen musste, nahmen sie ihn auf. Nachdem Mainz 1797 Teil des republikanischen Frankreichs wurde, berief man Schlippe in den Stadtrat und zur Aufsicht über die Militärhospitäler.
Weniger als ein Jahr nach dem Tod ihres Mannes heirateten Barbara und Heinrich Gottlieb Schlippe am 23. Juli 1789. Barbara war zu diesem Zeitpunkt bereits schwanger mit dem ersten Kind des Paares, Tochter Maria Martha, die am 28. Dezember 1789 das Licht der Welt erblickte. Es folgten noch elf weitere Kinder. Schlippe führte nun für 30 Jahre die Geschäfte der Apotheke. Viel Zeit verbrachten die Eheleute auf ihrem Weingut in Harxheim. Nachdem Gottlieb Schlippe 1819 starb, lebte Barbara noch bis 1837. Die meiste Zeit davon verbrachte sie auf dem Weingut, wo sie arme Familien wöchentlich zum Essen einlud und zwar abwechselnd einmal eine evangelische, einmal eine katholische. Noch viele Jahre nach Barbaras Tod erhielten ihre Nachkommen wohl ihr zu Ehren den Namen Barbara.
Das abgebildete Porträt wurde bisher aufgrund von Zuschreibungen durch die Erben Barbara zugeordnet. Eine kunsthistorische Analyse hat jedoch zu der Vermutung geführt, dass es sich dabei um ihre Mutter handeln könnte. Da die Haube auf eine verheiratete Frau deutet und es sich bei der Porträtierten erkennbar nicht um ein junges Mädchen handelt, könnte das Bild als Porträt Barbaras frühestens zum Zeitpunkt der Hochzeit 1786 entstanden sein. Doch die Flügelhaube, die die Frau trägt, entspricht eher der Mode in den 1770er Jahren. Somit gibt es einen Widerspruch zwischen der Zuschreibung durch die Familie und der Datierung aufgrund der Modemerkmale. Ein weiteres Indiz für die Identifizierung der Porträtierten mit der Mutter Haenlein gibt das Porträt von Barbaras Vater Konrad Haenlein, welches sich ebenfalls im Stadtarchiv Mainz befindet. Die beiden Gemälde wären dann Pendants zueinander. Solche Porträts von Ehepaaren, entweder auf einem Gemälde oder in zwei aufeinander bezogenen Bildern, waren gängige Praxis. Gänzlich klären lässt sich diese Frage leider nicht.
Maria Ursula Thekla Beil bewegte sich seit ihrer Kindheit in einem für Mainz – als Stadt des Buchdrucks – typischen Umfeld, in der Gesellschaft von Buchbindern. Sie wurde als Tochter des Buchbinders Franz Beil und seiner Frau Maria Susanna Beil geboren.
Seit Januar 1738 gab es in Mainz eine eigenständig organisierte Buchbinderzunft, auch wenn die Tradition des Handwerks weiter zurückreichte. Wie auch in anderen Zünften musste ein Lehrling für die Aufnahme in die Lehre erst einmal Geld bezahlen. Am Ende der Lehrzeit standen dann eine theoretische und eine praktische Prüfung. Die Mainzer Buchbinder sahen sich häufig einer eher dürftigen Auftragslage gegenüber, sodass viele von ihnen sich einen Nebenerwerb in einem ähnlichen Gewerbe rund um Bücher zulegten, zum Beispiel im Buchhandel.
Im Alter von 21 Jahren lernte Maria den in Bamberg geborenen Buchbinder Jakob Veit Zech kennen, den sie am 5. Dezember 1781 heiratete. Ihr Vater war kurz zuvor gestorben und hatte außer seiner Buchbinderwerkstatt in der Betzelsgasse kaum etwas hinterlassen. Auch ihr Mann, Jakob Veit, hatte wahrscheinlich selbst nur wenig Geld, sodass seine Ausbildung und Aufnahme in die Mainzer Buchbinderzunft durch seinen Onkel finanziert wurden. Die Ehe der beiden startete also unter ungünstigen wirtschaftlichen Bedingungen, und obwohl Marias Mann wahrscheinlich die Werkstatt des Schwiegervaters weiterführte, blieben anfangs größere Aufträge aus. Deshalb verlegte Jakob Veit sich zunehmend auf den Handel mit Büchern. Die finanziellen Schwierigkeiten schien die Familie jedoch wenige Jahre später überwunden zu haben und konnte sogar zwei Lehrjungen parallel beschäftigen.
1783 kam die Tochter Klara zur Welt, 1788 dann der Sohn Kilian. Wie es Maria in der ersten Zeit ihrer Ehe und auch in ihrem Leben davor erging, können wir nur mutmaßen, Hinweise auf turbulente Ereignisse lassen sich in den Quellen zunächst nicht finden. Das sollte sich ändern. Im Oktober 1792 eroberten französische Revolutionstruppen Mainz – ein politischer Umschwung, der sich ebenso massiv auf das Leben der Familie auswirken sollte. Jakob Veit schloss sich schon früh den Jakobinern an und verlegte politische Flugschriften. Dabei scheint ihm Maria geholfen zu haben, und sie beteiligte sich auch aktiv an der Verbreitung dieser Flugschriften.
Die Jakobiner waren ein ursprünglich aus Paris stammender Klub von Revolutionären, der sich in den ersten Jahren der Französischen Revolution radikalisierte. Der Name geht zurück auf ihren Versammlungsort, ein ehemaliges Jakobinerkloster. Im Verlauf der Revolution kam es auch in anderen Ländern zu Gründungen von Klubs, die die Ideen der Revolution befürworteten und den Jakobinern nahestanden. So auch in Mainz. Kurz nachdem General Custine am 21. Oktober 1792 Mainz besetzt hatte, gründete sich in Mainz der Jakobinerklub „Gesellschaft der Freunde der Freiheit und Gleichheit“. Dieser setzte sich zum Ziel, die revolutionären Ideen der Franzosen auch auf deutschem Boden umzusetzen und gewann in kurzer Zeit eine große Zahl an Mitgliedern. Dabei spielten auch die zahlreichen Publikationen des Klubs in Form von Flugschriften und Plakaten sowie in Zeitungen eine große Rolle.
Von den Franzosen unterstützt und durch die Öffentlichkeitsarbeit des Jakobinerklubs in Mainz vorangetrieben, gründete sich am 18. März 1793 schließlich die Mainzer Republik. Diese bestand allerdings nur vier Monate und wurde mit der Rückeroberung des Rheinlandes durch die Reichstruppen wieder aufgelöst. Daraufhin wurden die ehemaligen Anhänger des Mainzer Jakobinerklubs verfolgt.
Am 23. Juli 1793 kapitulierte Mainz vor den preußischen Truppen. Damit war die von der Französischen Revolution inspirierte Mainzer Republik beendet. Bereits am 29. Juli 1793 wurde Maria festgenommen und im Gefängnis am Fischtor inhaftiert. Auch Jakob kam ins Gefängnis, und die Kinder des Paares – alle noch minderjährig – wurden im Armenhaus untergebracht. Über Maria wissen wir nach ihrer Zeit im Zuchthaus nicht mehr viel. Bei ihrer Verhaftung war sie bereits mit einem weiteren Kind schwanger, denn am 21. März 1794 brachte sie mit Jakob Anton einen weiteren Sohn zur Welt. Da die Verfolgung und Haft der Anhänger des Mainzer Jakobinerklubs 1795 endete, ist es wahrscheinlich, dass auch Maria zu diesem Zeitpunkt aus dem Zuchthaus entlassen wurde.
Ihr Mann Jakob Veit bezog nach seinem Gerichtsprozess spätestens 1796 eine Wohnung in der Dominikanerstraße, wo Maria vermutlich ebenfalls lebte. Erst nach der erneuten Angliederung der Stadt an Frankreich im Jahr 1797 konnte Jakob Veit wieder uneingeschränkt seinem Beruf nachgehen.
Ein Sterbeeintrag zeigt uns, dass Maria aber noch lange über diese Ereignisse hinaus gelebt haben muss, denn sie verstarb erst 1841 im Alter von 81 Jahren.
Am 29. November 1752 reiste das Englische Fräulein Maria Aloysia Hauck zum ersten Mal aus Fulda nach Mainz, um Barbara Maria Schultheiß darin zu unterstützen, ihre 1722 in der Residenzstadt Mainz privat gegründete Mädchenschule aufrechtzuerhalten. Schultheiß war mit ihren 60 Jahren zu alt, um ihre Schule allein weiterführen zu können. Da ihr die Ausbildung von Mädchen, deren Chancen auf Bildung deutlich schlechter waren als die der Jungen, sehr am Herzen lag, wollte sie die Existenz ihrer Schule auf Dauer sicherstellen und wandte sich deshalb an die Englischen Fräulein in Fulda.
Die Gründung der Englischen Fräulein ging auf die Engländerin Mary Ward zurück, die im Jahr 1609 einen Frauenorden aufbaute, der sich vor allem der Ausbildung von Mädchen widmete. Die Schulen der Englischen Fräulein genossen bald einen hervorragenden Ruf.
Die Schule befand sich zunächst im Privathaus der Barbara Maria Schultheiß, dem Haus “Zum Goldenen Lämmchen“, das gegenüber der Liebfrauenkirche stand. Heute existiert die Liebfrauenkirche nicht mehr und nur noch der Liebfrauenplatz neben dem Mainzer Dom erinnert an diese.
Leider standen die Reise und die Ankunft der jungen Frau in Mainz zunächst unter keinem guten Stern, da sie, von ständigem Erbrechen geplagt, den langen Weg auf sich nehmen musste. Vor Ort beklagte sich Hauck über den schlechten Zustand ihrer Unterkunft, die sich im Haus der Barbara Maria Schultheiß befand. So soll in ihrer ersten Nacht Regenwasser durch das Dach in ihr „armes Cämerlein“ getropft sein.
Trotz dieser Unannehmlichkeiten übernahm Aloysia ihre neuen Aufgaben in der Mädchenschule. Schultheiß beauftragte Hauck damit, die Schule weiterzuführen und somit deren Existenz zu sichern. Auch das Unterrichten der Schülerinnen wurde eine Aufgabe des Englischen Fräuleins.
In der Schule lernten die Mädchen das Buchstabieren, Lesen und Stricken. Zudem widmeten sich die Schülerinnen dem Verfassen von Briefen, dem Ausstellen von Rechnungen und Quittungen und dem Anfertigen von Handarbeiten. Insgesamt lag der unterrichtliche Schwerpunkt jedoch auf der religiösen Erziehung der Schülerinnen.
Es muss hierbei betont werden, dass die Mädchen für ihre zukünftige Rolle als Ehefrau, Hausfrau und Mutter vorbereitet werden sollten. D. h. sie sollten in der Lage sein, ihren Ehemann in seinem Betrieb zu unterstützen und die Kinder im Sinne der christlichen Lehre zu erziehen. Mädchen aus sozial ärmeren Schichten sollten zudem dahingehend vorbereitet werden, ihren Lebensunterhalt auch allein verdienen zu können.
Die administrative Leitung der Schule machte jedoch den Großteil der Arbeit Haucks aus, da sie sich stetig um Sponsoren für den Erhalt der Schule bemühen und sich auch gegen politische Widerstände behaupten musste. So wurde Hauck 1758 dazu gezwungen, Mainz zeitweise zu verlassen, da Kurfürst Johann Friedrich Carl von Ostein in seinem aufklärerischem Geist keine neuen Ordensniederlassungen in Mainz wünschte. Erst sein Nachfolger, Kurfürst Emmerich Joseph von Breidbach-Bürresheim, erlaubte es Hauck 1764, in die Erzbischofsstadt zurückzukehren.
Die zahlreichen und teilweise sehr detaillierten Informationen über die zeitliche und räumliche Entwicklung der Mädchenschule und Haucks Wirken in Mainz verdanken wir der Chronik, die das Englische Fräulein selbst verfasste und deren Aufzeichnungen sich über den Zeitraum von 1752 bis 1791 erstrecken. Für die Frühe Neuzeit stellt diese Chronik eine Besonderheit dar, da sie von einer Frau niedergeschrieben wurde, die also über eine gewisse Bildung verfügen musste, um die Chronik zu verfassen.
Nach dem Tod von Barbara Maria Schultheiß (3. April 1773) leitete Aloysia Hauck die Mädchenschule noch 23 Jahre lang als Oberin allein weiter. Die Grabstätte der 1796 verstorbenen Hauck befand sich auf dem Friedhof der katholischen Kirche St. Quintin in Mainz, der heute nicht mehr existiert. Ab dem 19. Jahrhundert wurden die Englischen Fräulein, die an der Mädchenschule, der heutigen Maria-Ward-Schule, tätig waren, auf dem Mainzer Hauptfriedhof beerdigt.
Maria Aloysia Hauck steht für eine Frau der Frühen Neuzeit, die sich trotz der gesellschaftlichen Benachteiligung ihres Geschlechts für die Bildung von Mädchen und Frauen in Mainz einsetzte und damit an der Entwicklung einer Bildungsstätte, die sich auch heute noch der Ausbildung von Mädchen widmet, maßgeblich beteiligt gewesen ist.
Mit diesen Worten beschreibt Marianne von der Leyen in ihrem Werk „Journal meiner Unglücksfälle…” den Beginn ihrer Flucht vor den französischen Revolutionstruppen im Jahr 1793. Diese kurze Erzählung soll jedoch in den sorgloseren Jahren ihres Lebens beginnen.
Maria Anna Sophia von Dalberg (so lautet ihr Geburtsname) kam als Tochter des Heinrich von Dalberg und der Maria Sophia von Eltz-Kempenich zur Welt. Ihre Kindheit und Jugend verbrachte sie überwiegend in Worms.
Mit 20 Jahren heiratete sie den Grafen Franz Karl von der Leyen. Sie zog mit ihrem Gatten nach Blieskastel (im heutigen Saarland), wo sich die Leyensche Residenz befand. Ihr Gatte verstarb bereits nach zehn Jahren Ehe am 26. September 1775. Nun übernahm die 30-jährige Witwe Marianne die Regierungsgeschäfte, da ihr gemeinsamer Sohn Philipp noch unmündig war. Sie führte die Regierung ihres Mannes im Sinne des „aufgeklärten Absolutismus” sowie einige seiner Bauvorhaben fort. So wurden während ihrer Regentschaft die Infrastruktur ausgebaut und Manufakturen gegründet. Außerdem setzte sich die Reichsgräfin für eine Verbesserung des Schulwesens, die Vereinheitlichung von Lehrbüchern, sowie für eine bessere Ausbildung von Hebammen ein. Ihre vormundschaftliche Regierung endete nach fast 16 Jahren, als ihr Sohn 1791 für mündig erklärt wurde. Sie leitete dennoch bis zum Eintreffen der Revolutionstruppen die Regierungsgeschäfte, da sich ihr Sohn wenig für die herrscherlichen Aufgaben interessierte.
Der Begriff des aufgeklärten Absolutismus ist in der Forschung recht umstritten und auch nicht ganz leicht zu definieren. Es handelte sich um eine modifizierte Form der absoluten Herrschaft, die viele Monarchen im 17. und 18. Jahrhundert anstrebten. Falls diese Herrscher von den Ideen der Aufklärung mit ihrer Orientierung an der Vernunft beeinflusst waren, führte dies freilich nicht zu einem grundsätzlich anderen Herrschaftssystem. Die Herrscher des aufgeklärte Absolutismus - und eben auch eine Regentin wie Marianne von der Leyen - beanspruchten allerdings, ihre Politik am Wohl ihrer Untertanen auszurichten, und wandten der Bildungspolitik häufig eine besondere Aufmerksamkeit zu.
Das Pastellbild zeigt Marianne von der Leyen in Trauerkleidung und mit einer auffälligen, ja: extravaganten Schleife im Haar. Dass sie hier eindeutig als Witwe dargestellt ist, erlaubt eine ungefähre Datierung des Porträts auf die Zeit nach 1775. Die gepuderten Haare und das Diadem in Form eines Sichelmondes weisen sie als Adlige aus.
Auf dem Ölgemälde hingegen wurde sie im Staatskleid porträtiert, welches zu offiziellen Terminen getragen wurde. Haartracht und Mode passen in die Zeit kurz vor 1775. Für diese Datierung spricht auch, dass sie hier nicht als Witwe dargestellt ist. Die ganzfigurige Darstellung, der Vorhang und der Pilaster (das Formelement im Hintergrund) sind zwar im ausgehenden 18. Jahrhundert nicht mehr nur dem Adel vorbehalten, bestätigen aber ihren hohen Status. Auch in diesem Bild zeugen die gepuderten Haare von ihrem adeligen Stand.
Nachdem die Gräfin über die herannahenden französischen Truppen informiert worden war, reiste sie bereits 1792 unverzüglich nach Mainz, um die Evakuierung ihrer schwerkranken Tochter in die Wege zu leiten. Anschließend kehrte sie nach Blieskastel zurück. Als ein französisches Bataillon dort eintraf, mit der Weisung, die Gräfin nach Paris zu überführen, entschloss sich diese zu fliehen. Als Dienstmagd verkleidet und mit Unterstützung des Kochs gelang es ihr, aus dem bewachten Schloss zu entkommen. Sie kam zunächst im Haus einer Witwe, anschließend bei einem Pfarrer und im weiteren Verlauf ihres Fluchtweges noch bei einigen anderen Menschen unter, welche die Gräfin durch ihr Asyl unterstützten. Die Flucht gestaltete sich schwierig, was nicht zuletzt an den französischen Patrouillen lag. Schließlich gelang es ihr, die Stadt Zweibrücken zu erreichen, die durch preußische Soldaten gesichert war.
Nach Blieskastel kehrte sie zu Lebzeiten nicht zurück. Ihr Besitz wurde durch die Revolutionstruppen geplündert und das Leyensche Schloss zerstört. Ihre letzten Jahre verbrachte die Gräfin im Exil in Frankfurt am Main, wo sie im Jahr 1804 im Alter von 59 Jahren verstarb. Erst 177 Jahre nach ihrem Tod wurden ihre Gebeine von ihrer Begräbnisstätte in Heusenstamm in die Schlosskirche nach Blieskastel überführt.
Dieses Zitat entstammt einer Schmähschrift, die im Frühjahr 1793 in Mainz erschien und die Affäre zwischen der Mainzer Bürgerin Maria Eva Daniels und dem französischen General Adam-Philippe de Custine thematisierte. Wer aber war diese Frau, die damals solches Aufsehen erregte und die sich in der unruhigen Zeit der Mainzer Republik plötzlich in einem politischen Intrigenspiel wiederfand?
Maria Eva war die Tochter des Messerschmieds Joseph Zittier, der um 1770 von Mähren nach Mainz gekommen war und an der Universität den Posten eines Chirurgischen Instrumentenmachers bekleidete. Sie heiratete am 30. Mai 1790 Peter Joseph Daniels. Zum Zeitpunkt der Eheschließung war sie bereits schwanger. Ihr Ehemann war erst wenige Tage vor der Hochzeit – nach zwei vergeblichen Anläufen – an der Medizinischen Fakultät der Mainzer Universität promoviert worden. Ganz offensichtlich wollte er diesen Schritt noch vor der Eheschließung hinter sich bringen; vielleicht hatte auch der künftige Schwiegervater darauf gedrungen, der so immerhin hoffen konnte, seine Tochter mit einem jungen Arzt mit beruflicher Perspektive zu verheiraten. Am 10. November 1790 wurde die Tochter Elisabeth Auguste geboren und am 26. Juni 1792 kam der Sohn Karl zur Welt.
Mit dem Einmarsch der französischen Revolutionstruppen in Mainz Ende Oktober 1792 aber änderte sich das Familienleben der Daniels radikal. Denn Maria Eva wurde die Geliebte General Custines, des Oberbefehlshabers der Revolutionstruppen. Dass die Affäre für Gesprächsstoff sorgte, davon können wir ausgehen, denn immerhin war Maria Eva eine verheiratete Frau und ihr Geliebter der General der Besatzungsarmee, auch wenn diese sich selbst als Befreier verstanden.
Adam-Philippe de Custine (1740-1793) war ein französischer General und hatte mit seinen Truppen im Oktober 1792 Mainz eingenommen. Die anschließenden militärischen Fehlschläge, politische Eigenmächtigkeiten und seine Opposition gegen die Jakobinerherrschaft machten ihn bei den herrschenden Kräften in Paris verdächtig. Custine wurde am 28. August 1793 in Paris hingerichtet.
Die Affäre diente aber auch als willkommene „Munition“ in der publizistischen Auseinandersetzung – und damit fand sich Maria Eva plötzlich in diversen Flugschriften und Gedichten wieder. Pikante Details, wie das, dass der General ihr angeblich das Bett des geflohenen Kurfürsten geschenkt habe, beflügelten die Phantasie. Politischer waren die Vorwürfe gegen Custine, dem aus den Kreisen der Jakobiner angelastet wurde, dass er seine Soldaten vernachlässige und lieber seiner Lust und den Frauen nachgehe. Freilich gab es auch einen Profiteur der Affäre, und das war ausgerechnet der betrogene Ehemann. Denn Peter Joseph Daniels wurde zum französischen Militärarzt befördert, möglicherweise, um ihn „ruhigzustellen“.
Nach der Eroberung von Mainz durch die französischen Revolutionstruppen im Oktober 1792 gründeten Mainzer Professoren und Studenten – nach Pariser Vorbild – einen Jakobinerclub, die „Gesellschaft der Freunde der Freiheit und Gleichheit“, da sie als Anhänger der Französischen Revolution ihre Mitbürger für diese Ideale der Revolution gewinnen wollten. Die Gründung der Mainzer Republik am 18. März 1793 war dann freilich weniger auf die Überzeugungsarbeit des Jakobinerclubs als auf den zunehmenden Druck der französischen Behörden zurückzuführen. Mit der Kapitulation von Mainz vor den preußischen Truppen am 23. Juli 1793 war die Mainzer Republik beendet. Daraufhin wurden die ehemaligen Mitglieder des Mainzer Jakobinerclubs verfolgt.
Peter Joseph Daniels (1765-1819) wurde im November 1792 Mitglied bei den Mainzer Jakobinern. Wie bei anderen Jakobinern, erfährt man auch bei ihm nichts über die Motive. Man weiß also nicht, ob er sich aus karrieretaktischen Überlegungen oder aus Begeisterung für die Ideale der Revolution dem Jakobinerclub angeschlossen hatte. Während der Belagerung von Mainz durch preußische Truppen blieb Daniels in der Stadt und arbeitete als Militärchirurg weiter. Im Juli 1793 konnte er Mainz zusammen mit den französischen Truppen verlassen und damit einer Verfolgung durch seine Mitbürger entkommen.
Maria Eva verließ bereits im Frühjahr 1793 die Stadt, wohl auf Anraten Custines, weil die militärische Situation für Frankreich sich verschlechterte. Bei ihrer Flucht soll sie einen Koffer mit wertvollen Geschenken Custines bei sich gehabt haben. In Hagenau traf sie im Sommer ihren Mann wieder, der nach der Kapitulation von Mainz im Juli 1793 die Stadt mit den französischen Truppen verlassen hatte. Gemeinsam gingen beide nach Paris, wo sie am 8. Januar 1795 geschieden wurden. Knapp drei Wochen später heiratete die zu diesem Zeitpunkt erneut schwangere Maria Eva den französischen General der Infanterie Louis Baraguey d’Hilliers, der bereits an der Eroberung von Mainz im Stab Custines beteiligt gewesen war. Im September 1795 wurde ihr Sohn Achille geboren, 1800 folgte die Tochter Clémentine.
Louis Baraguey d’Hilliers (1764-1813) war ein französischer General der Infanterie. Während der Belagerung von Mainz 1792 war er im Stab General Custines tätig. Gemeinsam mit Custine wurde ihm in Paris vor dem Wohlfahrtsausschuss der Prozess gemacht, wie Custine wurde er zum Tode verurteilt. Während das Urteil an Custine direkt vollstreckt wurde, wurde Baraguey d’Hilliers zunächst inhaftiert und nach der Hinrichtung Robespierres und dem Ende der Herrschaft des Wohlfahrtsausschusses freigelassen. Unter Napoleon machte er eine steile militärische Karriere und war unter anderem an der Invasion in Ägypten beteiligt und wurde 1809 nach dem Frieden von Schönbrunn Gouverneur in Tirol. Auf dem Rückweg vom Russlandfeldzug starb er am 6. Januar 1813 in Berlin, vermutlich an Typhus. Nach seiner Heirat mit Maria Eva Daniels adoptierte er ihre Tochter Elisabeth aus der Ehe mit Peter Joseph Daniels.
Maria Diefendinger war die Tochter des Mainzer Bürgers und Maurers Friedrich Karl Diefendinger und seiner Frau Anna Maria. Maria wurde am 9. August 1739 in der St. Ignazkirche in Mainz getauft. Bereits drei Jahre später ging ihr späterer Gatte seine erste Ehe ein. Insgesamt heiratete Simon Leitner drei Mal, bevor er Maria am Traualtar gegenüberstand.
Simon Leitner (ca. 1706-1777) war ein Mainzer Bürger und wurde zwischen 1749 und 1751 Mainzer Stadthauptmann. 1742 heiratete Simon das erste Mal. Seine erste Frau gebar ihm fünf Kinder, bevor sie 1751 verstarb. Nicht einmal zwei Monate nach ihrem Tod heiratete er erneut. Seine zweite Frau brachte vier Kinder zur Welt. Nachdem sie 1759 verstorben war, heiratete Simon Leitner etwa vier Monate später erneut und bekam sechs Kinder mit seiner dritten Frau, darunter auch Drillinge. 1765 verstarb auch seine dritte Frau. Die frühen Tode seiner drei ersten Ehefrauen liegen vermutlich in der hohen Kindsbettsterblichkeit in dieser Zeit begründet.
Am 5. April 1766 heirateten Simon und die wesentlich jüngere Maria nach fünfmonatiger Trauerzeit des Witwers. Es war seine vierte und ihre erste Ehe. Er war zu diesem Zeitpunkt ungefähr 60 Jahre alt, sie erst 26. Aber nicht nur im Alter unterschieden sich die Eheleute. Die Ehe zwischen Mann und Frau war zu dieser Zeit grundsätzlich von einem rechtlichen Ungleichgewicht geprägt, das den Mann bevorzugte – eine Asymmetrie, die durch einen solch großen Altersunterschied noch verstärkt wurde.
Eine Ursache, warum Simon so schnell wieder heiratete, dürfte darin liegen, dass er eine Frau brauchte, die seine Kinder erziehen und den Haushalt führen konnte. Denn bereits vor der Ehe mit Maria hatte Simon insgesamt 15 Kinder gezeugt, von denen die meisten zum Zeitpunkt der Heirat mit Maria noch im väterlichen Haushalt gelebt haben dürften. Im Verlaufe ihrer Ehe bekamen sie noch drei gemeinsame Kinder, die Tochter Anna Maria (geboren 1767), die Tochter Klara Franziska (geb. 1769) und den Sohn Friedrich Karl (geboren 1772). Die Eltern von Maria übernahmen die Patenschaft von zweien der Kinder.
Die Gemälde des Ehepaares deuten auf ein vergleichsweise wohlhabendes Leben hin. Für einen gewissen Wohlstand sprechen auch die Spitzen an den Ärmeln und das mit Spitzen verzierte Brusttuch sowie der Perlenschmuck Marias. Die Flügelhaube, die Maria auf dem Gemälde trägt, war in den 1770er Jahren äußerst modern. Die beiden Bilder sind typische Ölgemälde dieser Zeit und könnten sowohl Adelige als auch wohlhabende Bürger zeigen.
Von der Malerin Maria Haedener sind nur die zwei Gemälde des Leitner-Ehepaares überliefert. Diese Porträts sind künstlerisch jedoch so anspruchsvoll, dass davon ausgegangen werden kann, dass Haedener eigentlich noch weitere Bilder gemalt haben müsste. Mögliche Erklärungen für das Fehlen weiterer Porträts könnten sein, dass sie eine Wandermalerin war, ihre anderen Werke sich also anderswo befinden oder dass sie nach einer Heirat einen anderen Namen trug und die unter diesem Namen entstandenen Werke deshalb nicht Maria Haedener zugeordnet werden können.
Nach dem Tod ihres Mannes 1777 wurde Maria im Alter von 38 Jahren Witwe. Ihre Kinder waren erst 10, 8 und 5 Jahre alt. Im Gegensatz zu ihrem vierfach verheirateten Ehemann vermählte sich Maria nicht noch einmal. Zuletzt ist sie 1801 in der Augustinergasse nachweisbar. Ihr Todesdatum ist nicht bekannt. Ihr Leben erzählt die Geschichte einer Frau im Mainzer Bürgertum und einer Ehe, die wohl aus praktischen Gründen eingegangen wurde.
Als Tochter des Zinngießermeisters Johann Adam Schnug und seiner Frau Anna Katharina (geb. Zimmermann) wuchs Salome Schnug als fünftes von zehn Kindern in gutbürgerlichen Verhältnissen auf. Die Familie war nicht unvermögend. Mit neunundzwanzig Jahren trat sie dem Kloster Armklara bei. Dieser vergleichsweise späte Eintritt war ungewöhnlich für die Frühe Neuzeit. In der Regel traten die Frauen einem Kloster deutlich früher bei. So lag beispielweise das Durchschnittsalter beim Ablegen des Gelübdes im Kloster Armklara bei 22,8 Jahren. Die Entscheidung für einen Klostereintritt mag heutzutage eher unüblich sein, in der Frühen Neuzeit jedoch bot er einer Frau eine größere Freiheit. Denn im Kloster konnte eine Frau ohne einen männlichen Vormund oder Ehemann leben. Auch die Möglichkeit, sich als Frau eine gewisse Bildung anzueignen, bestand.
Das Kloster Armklara befand sich in der Klarastraße, dort wo heute das Institut für Kirchenmusik ansässig ist. Im Gegensatz zu anderen Frauenklöstern in Mainz war es für seine strikte Klosterzucht und für die komplette Abschottung von der Außenwelt bekannt. Die Nonnen lebten in völliger Armut und verdienten sich ihren Lebensunterhalt durch Strickarbeiten. Zusätzlich war das Kloster auf Spenden angewiesen.
Das Kloster der Armen Klarissen wurde 1620 gegründet, nachdem eine Abordnung von sechs Nonnen des Klarissenkonvents aus dem Kölner Marientempel nach Mainz geschickt worden war. Im Laufe der Jahre wurden weitere Gebäude dazugekauft und das Kloster erweitert.
Die Klostergemeinschaft bestand aus 23-36 Schwestern und lebte in fast vollständiger Klausur, das bedeutete: abgeschottet von der Außenwelt. Es durfte abgesehen von wenigen Ausnahmen niemand das Kloster betreten und die Schwestern das Kloster auch nicht mehr verlassen. Das Klosterleben in Armklara war entbehrungsreich. Neben dem durchstrukturierten Tagesablauf gab es auch strenge Fastenvorschriften, an die sich alle Schwestern halten mussten. Im Gegensatz zu anderen Klöstern hatten die Armen Klarissen kein regelmäßiges Einkommen, beispielsweise durch das Erteilen von Unterricht oder aus Grundbesitz. Sie waren auf die Einbringungsgelder ihrer Anwärterinnen angewiesen, die neben Almosen und den Einnahmen aus ihren Handarbeiten die Versorgungsgrundlage des Klosters waren.
Nach ihrem Klostereintritt legte Salome ihren Geburtsnamen ab und nahm den Namen Francisca Josepha an. 1768, ein Jahr nach ihrem Eintritt, legte sie ihr Gelübde ab. Knapp zwanzig Jahre später wurde sie am 8. Mai 1789 einstimmig zur Äbtissin von Armklara gewählt. Als Oberhaupt sah sich die neue Äbtissin direkt mit der Herausforderung konfrontiert, den Fortbestand ihres Klosters zu sichern. Durch die Geldprobleme des Kurfürsten zur Finanzierung der Universität und die aufkommende Aufklärung waren die Klöster in ihrer Existenz bedroht, da ihnen die Nützlichkeit abgesprochen wurde. Zunächst bedeutete dies für die Klöster eine strengere Regelung zur Aufnahme neuer Anwärterinnen und zur Finanzierung. Trotz dieser schwierigen Umstände schaffte es Francisca Josepha in ihrer Amtszeit durchzusetzen, dass fünf Frauen in das Kloster aufgenommen wurden.
Die Universität in Mainz hatte seit ihrer Gründung 1477 Probleme mit der Finanzierung der Lehrstühle. Daher gab es im Laufe der Zeit immer wieder Überlegungen, wie man die Finanzierung der Universität sichern könnte. 1751 war unter Kurfürst Johann Karl Friedrich von Ostein die Idee entstanden, den Reichtum der Klöster dafür zu nutzen. Eine Auflösung stand zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht im Raum. Unter Kurfürst Friedrich Karl Joseph von Erthal wurden die drei reichsten Klöster in Mainz, die beiden Frauenklöster Altmünster und Reichklara sowie die Kartause, 1781 aufgelöst, um deren Vermögen in den neu gegründeten (und bis heute bestehenden) Universitätsfond zu stecken.
Die im 18. Jahrhundert aufkommende Aufklärung verstand sich als eine von Vernunft geleitete Bewegung. Ihr Ziel war es, die bestehenden Traditionen und Hierarchien kritisch zu hinterfragen und jene Strukturen abzuschaffen, die der Prüfung nicht standhielten. Die Bevölkerung sollte ‘erhellt’ werden, um selbst zu denken und sich aus der Bevormundung durch das Herrschaftssystem und die Kirche zu befreien. Daraus folgte, dass sich die Aufklärung auch als eine Bildungsbewegung verstand. Während die französischen Aufklärer (z. B. Voltaire) sehr kirchenkritisch eingestellt waren, lehnte die Mehrheit der deutschen Aufklärer, vor allem im katholischen Bereich, Kirche und Religion nicht rundweg ab, sondern trat für eine Reform der Kirche ein.
Mit der französischen Besetzung von Mainz 1797 wurde die Auflösung der Klöster weiter vorangetrieben. 1802 wurde das Kloster Armklara schließlich aufgelöst. Die Äbtissin musste gemeinsam mit ihren siebzehn noch verbliebenen Mitschwestern das Kloster verlassen. Jene Nonnen, die auf der linksrheinischen Seite geboren worden waren, durften sich in Mainz und Umgebung niederlassen, während alle ‚ausländischen‘ Nonnen die Stadt verlassen mussten.
Die Äbtissin lebte noch sieben Jahre gemeinsam mit einer Mitschwester in Mainz in einem Haus in der heutigen Neubrunnenstraße. Sie bezog eine Pension von der französischen Regierung, die nur eine geringfügige Versorgung ermöglichte. 1809 starb Francisca Josepha und wurde auf dem Hauptfriedhof begraben. Das abgebildete Grabkreuz zeugt noch vom Leben der letzten „Wohlerwürdige[n] Mutter Äbtissin des ehemaligen Armen Clarissen Klosters in Mainz.“
Das Ölgemälde eines unbekannten Malers aus dem Jahr 1825 zeigt Wilhelmine etwa ein Jahr vor ihrem Tod, in wertvolle Gewänder gekleidet. Als verheiratete Frau trägt sie eine Haube, und der Schal, den sie um die Schultern trägt, war damals ein beliebtes Modeaccessoire. Der Blick Wilhelmines ist auf den Betrachter des Gemäldes gerichtet, wobei ihr Gesichtsausdruck neutral, möglicherweise auch schüchtern wirkt. Das Porträt ist eher bescheiden und verzichtet auf jegliche Statussymbole. Dass sich die Familie aber ein Ölgemälde leisten konnte, spricht für ihren Wohlstand. Denn Ölgemälde waren in der Frühen Neuzeit sehr teuer, da die Farben eigens in einer Werkstatt noch selbst angerührt wurden und bis zum Abend des gleichen Tages verbraucht werden mussten, um nicht auszutrocknen. Das Porträt war vermutlich als Erinnerungsstück für die Familie Wilhelmines angefertigt worden.
Das Stadtarchiv Mainz verfügt neben dem Porträt Wilhelmines über weitere Ölgemälde von Mitgliedern der Familie von Zabern. Die Porträts der Familienmitglieder, die zwischen 1825 und 1902 angefertigt wurden, dienten dazu, das Ansehen der Familie und deren bürgerlichen Stand hervorzuheben und für die Nachwelt zu verewigen. Eines der Porträts zeigt auch den Mainzer Buchdrucker und Verleger Theodor von Zabern (geboren am 15. Februar 1771 in Bläsheim/Elsass, gestorben am 5. November 1832 in Mainz), den Wilhelmine am 9. Januar 1810 heiratete.
Wilhelmines Vater, Friedrich Albert Schenck, entstammte einer alten Siegerländer Beamtenfamilie und praktizierte seit dem Jahr 1766 als Leibarzt des Prinzen Wilhelm V. von Nassau-Oranien, des Statthalters der Niederlande. Ihre Mutter war Dorothea Charlotte Schenck, geborene Floret, die Tochter eines Fürstlich Isenburgischen Rates in Birstein.
Aus dieser Ehe gingen zwei Söhne hervor: August Victor (geboren 29. Oktober 1810) und Friedrich Eduard (geboren 16. Februar 1814). Warum Wilhelmine erst mit 30 Jahren, also für die damalige Zeit recht spät, heiratete, bleibt unklar. Auch wie Wilhelmine nach Mainz gekommen ist bzw. wie und wo sich die Eheleute überhaupt kennengelernt haben, kann nicht festgestellt werden. Theodor von Zabern hatte aus seiner ersten Ehe mit der 1807 verstorbenen Maria von Zabern bereits drei Kinder. Dementsprechend war ihm daran gelegen, recht zügig erneut zu heiraten, um eine Frau für die Betreuung seiner Kinder zu haben. Theodor und Wilhelmine lebten mit ihren Kindern in einem Haus in der Kleinen Pfaffengasse (später Fuststraße 1), das an den Bischofsplatz in Mainz angrenzte.
Als gelernter Buchdrucker hatte Theodor von Zabern 1802 eine Druckerei in Mainz gekauft, zu deren populärsten Druckerzeugnissen die Akten der gerichtlichen Voruntersuchung gegen Johann Bückler („Schinderhannes“) gehörten, der 1803 in Mainz hingerichtet wurde. 1812 übernahm er auch den Druck und die Herausgabe der „Mainzer Zeitung“. Leider ist nicht bekannt, ob und inwiefern Wilhelmine ebenfalls (kleinere) Aufgaben im Verlag ihres Mannes übernahm.
Nach seinem Tod wurde das Ehepaar auf dem Hauptfriedhof in Mainz nebeneinander bestattet. Auch Theodors erste Ehefrau, Maria von Zabern, geborene Pels, liegt dort begraben.
Auf den ersten Blick ist der Lebensweg dieser Frau der Frühen Neuzeit – wie so viele andere auch – schwer zu fassen, doch einige Anhaltspunkte lassen sich trotzdem herausarbeiten.
Anna Clara heiratete am 14. Februar 1719 den italienischen Kaufmann Peter Thaddäus Manera, der am 17. Dezember 1715 das Bürgerrecht in Mainz erhalten hatte.
Im Verlauf des 17. und 18. Jahrhunderts kamen zahlreiche Italiener, vorrangig aus dem Herzogtum Mailand, nach Mainz. Die Gründe dafür waren vielfältig und konnten sowohl ökonomischer Natur sein als auch aus bereits vorhandenen persönlichen Beziehungen ins Ausland bestehen. Mainz als kurfürstliche Residenzstadt war besonders attraktiv, da aufgrund der zahlreichen Verwaltungsbehörden und des Festungsausbaus viele Arbeitsmöglichkeiten geboten wurden. Ebenso sorgte die geographische Lage am wirtschaftlich bedeutsamen Rhein und in der Nähe der Frankfurter Messe für Zuzug. Die Mainzer Kurfürsten befürworteten die Zuwanderung, da die Bevölkerungszahl in Folge des Dreißigjährigen Krieges zurückgegangen war und ab der Mitte des 18. Jahrhunderts die Wiedereinrichtung der Mainzer Messen angestrebt wurde.
Über die Hälfte der italienischen Einwanderer waren Kaufleute. Im Gegensatz zu Handwerkern erhielten sie in den meisten Fällen zügig das Bürgerrecht der Stadt Mainz und durften mit Luxusgütern handeln. Trotz des wirtschaftlichen Profits, den die Stadt durch die Kaufleute machen konnte, gab es aber auch Unstimmigkeiten. Die Mainzer Zünfte und Kaufleute fürchteten eine zu große Konkurrenz im Handel und sorgten sich um ihre eigenen Geschäfte, weshalb sie, letztlich allerdings vergeblich, versuchten, den italienischen Zuzug einzuschränken.
Ein Jahr nach der Hochzeit, am 4. Mai 1720, kam der erste Sohn des Paares, Peter Ernst, zur Welt. Gemeinsam bekam das Paar zehn Kinder, vier Jungen und sechs Mädchen, die alle im Zeitraum von 1720 bis 1743 geboren wurden.
Ihr Porträt hängt heute als Kopie im Pfarrhaus von St. Ignaz. Sie trägt darauf eine hohe, trachtähnliche Haube, die vermuten lässt, dass das Bild in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts gemalt worden ist. Der Schmuck, den Anna Clara trägt, sowie die Schleifchen an ihren Ärmeln könnten im Vergleich mit ähnlichen Bildern dieser Zeit ein Hinweis darauf sein, dass es sich um ein Porträt handelt, das anlässlich ihrer Hochzeit gemalt wurde.
Wahrscheinlich lebte Anna Clara auch nach dem Tod ihres Mannes 1762 als Witwe in finanziell gut abgesicherten Verhältnissen. Die Vermutung liegt nahe, denn ihr Grabstein gibt einen ersten Hinweis auf ihre Bedeutung für die Gemeinde von St. Ignaz. Gemeinsam mit ihrem jüngsten Sohn Jakob stiftete sie nach 1775 der Pfarrkirche eine neue Orgel.
Die Dankbarkeit der Kirchengemeinde drückt sich in Reimform auf dem Grabstein aus, den man noch heute in der Gruft von St. Ignaz in der zweiten Reihe der Südwand betrachten kann. Darauf wird außerdem ihre besondere Frömmigkeit hervorgehoben und betont, dass sie sorgfältig dafür arbeitete, „Ihrer Kinder Glück zu bauen“.
Bei den sogenannten Backofengräbern handelt es sich um Gräber, die – ähnlich einem Backofen – in die Wand eingearbeitet sind. In St. Ignaz befinden sie sich an den Wänden in mehreren Reihen übereinander. Nachdem ein Sarg in das Grab hineingeschoben worden ist, wird dieses durch eine Steinplatte verschlossen, über der dann noch Platz für eine Grabplatte ist. Da die Gräber eher klein ausfallen, sind auch die Grabsteine häufig auf wenig Text und Verzierung beschränkt. Diese Art der Gräber war in Kirchen praktisch, da im Falle einer Grablegung nicht jedes Mal der Boden ausgehoben oder je nach Beschaffenheit aufgebrochen werden musste.
Die Backofengräber in der St. Ignazkirche in Mainz können auch heutzutage noch besichtigt werden.
Möglicherweise konnte Anna Clara finanziell deutlich mehr als ihr Sohn zur Stiftung der Orgel beitragen, denn auf dem Grabstein ihres Sohnes Jakob, der in unmittelbarer Nähe zu dem seiner Mutter angebracht ist, findet sich ein sehr viel kürzerer Verweis auf die Stiftung der Orgel und das Lob fällt im Vergleich zur Mutter ebenfalls knapper aus. Dafür spricht auch, dass Anna Clara am 17. November 1777 im Testament ihres Sohnes auf ihren Erbteil verzichtete.
Elisabeth Theresia und Maria Spes kamen als Töchter des Johannes Peter Fritz, der als Stadtgerichtsassessor (Beisitzer des städtischen Gerichts) in Mainz tätig war, und der Susanne Ottilie Fritz (geborene König) zur Welt. Als junge Erwachsene trat die ältere der beiden Schwestern dem Orden der Zisterzienserinnen im Kloster Altmünster in Mainz bei und legte mit 21 Jahren ihr Gelübde ab.
Das Altmünsterkloster gehörte zum Zisterzienserorden und befand sich zwischen der Schillerstraße, Münsterstraße und der Walpoldenstraße, dort wo heute die Kirche der evangelischen Altmünstergemeinde steht. Es zählte zu den ältesten und reichsten Klöstern der Stadt Mainz. Die Klostergemeinschaft umfasste bis zu 40 Schwestern. Nach der Auflösung im Jahr 1781 wurden die Räumlichkeiten des Klosters für Lehrveranstaltungen der Universität und für die Ausbildung von Hebammen genutzt.
Ihre Schwester Maria hingegen heiratete Hartmann Andreas Faber, der eine steile Karriere am Kurmainzer Hof absolvierte. Der Höhepunkt dieser Karriere war die Nobilitierung durch Kaiser Franz I. im April 1764. Nun trug das Paar den erblichen Adelstitel „von Faber“. Aus diesem Anlass wurde Maria standesgemäß porträtiert. Auf dem Gemälde aus dem Jahr 1764 trägt sie höfische Mode mit einem Dekolleté. Unter ihrer eher schlichten Haube sind die gepuderten Haare deutlich sichtbar, was ihren neuen Status unterstreicht.
Doch auch der Erfolg ihrer Schwester sollte nicht mehr lange auf sich warten lassen. Im Jahr 1767 wurde sie zur Äbtissin des Klosters Altmünster gewählt und blieb es, bis das Kloster im Jahr 1781 durch den Mainzer Kurfürsten aufgelöst wurde. Elisabeth wurde zwar nicht wie ihre jüngere Schwester porträtiert. Ein Vivat, das von den Schwestern im Kloster anlässlich ihrer Wahl zur Äbtissin verfasst wurde, zeugt jedoch von der Ehrerbietung, welche diesem Amt entgegengebracht wurde. In dem Vivat heißt es - für unsere Ohren vermutlich etwas schwulstig klingend:
„Es lebe gesund Elisabeth Theresia zu meinem Trost undt freudt, der ich zu dero hochwürdigen füßen alß meiner gütigsten Patronin liegendt bürgendt in höchster wohlgewogenheith mich empfehlend Ersterbe.“
Weitere neun Mal kommt ihr Name, in roter Tinte geschrieben, mit allerlei Glückwünschen und Ehrerbietungen in der Schrift vor.
Nachdem das Kloster, wie bereits erwähnt, 1781 aufgelöst wurde, verteilten sich die verbliebenen 29 Schwestern auf andere Klöster. Das lange Leben, welches Elisabeth Theresia im Vivat gewünscht worden war, sollte sich erfüllen. Sie starb am 21. August 1794 im Alter von 80 Jahren.
Für Frauen stellte in der Frühen Neuzeit die Gefährdung ihrer Ehre eine ernstzunehmende soziale Bedrohung dar. Sexualität wurde auf die Sphäre der Ehe beschränkt und von weltlichen Obrigkeiten und den Kirchen kontrolliert. Uneheliche Schwangerschaften erschwerten eine spätere Vermählung, sei es mit dem Vater des Kindes oder einem anderen Mann, und führten nicht selten zu Verfahren auf der Grundlage des Straftatbestands der Unzucht. Doch was bedeutete das im Einzelfall konkret und welche Handlungsspielräume hatten betroffene Frauen?
Im Juli 1782 wurde eine Neuzehnjährige, die sich Anna Maria Schmitt nannte, in Mannheim bereits zum fünften Mal festgenommen. Wie die Male zuvor wurde ihr vorgeworfen, ein „liederliches Leben“ zu führen. Sie war unverheiratet, schwanger und gab an, „außer ihrer wenigen Kleidung sonst nichts an Vermögen“ zu besitzen. Ihr Vater, Johann Schmitt, jedoch sei Mainzer Bürger und Zimmermeister und besitze neben einem Gut in Ebersheim auch ein von ihrer Mutter in die Ehe gebrachtes Haus.
Da die junge Frau aufgrund ihrer Schwangerschaft zu diesem Zeitpunkt nicht bestraft werden konnte, erkundigten sich die Mannheimer Behörden in Mainz, ob die Angaben, die die Festgenommene zu ihrer Herkunft und dem Vermögen ihres Vaters gemacht hatte, stimmten und forderten, der Vater solle seine Tochter durch einen “vertrauten Mann” abholen und in ihre Heimatstadt bringen lassen, oder dies möge von Amtswegen der Mainzer Behörden geschehen. Andernfalls müsste sie „fortgewiesen, und lediglich ihrem betrübten Schicksal überlassen werden“.
Hier verliert sich jedoch bereits Anna Marias Spur: Zwar wurde tatsächlich 1763 in Mainz eine Anna Maria Schmitt geboren, deren Vater Johann hieß. Ob dieser Zimmermann war und über ein entsprechendes Vermögen verfügte, kann jedoch aus den Unterlagen des Mainzer Stadtarchivs nicht rekonstruiert werden. Dies könnte einerseits an Lücken in der Überlieferung liegen, andererseits ist es jedoch eher unwahrscheinlich, dass ein Mann, wie ihn Anna Maria beschrieb, nicht in den Dokumenten des Stadtarchivs erscheint. Die Vermutung, dass sie bei den Behörden nicht die richtigen Angaben zu den wirtschaftlichen Verhältnissen ihrer Familie machte, liegt also nahe. Auch was mit Anna Maria nach ihrer Festnahme 1782 passierte, bleibt ungewiss. Das Schicksal der jungen Frau und ihres ungeborenen Kindes liegt also weitestgehend im Dunkeln. Sie bleibt eine Unbekannte.
Dieser digitale Frauenkalender wurde im Wintersemester 2022/23 im Rahmen der Projektübung „Mainzer Frauen in der Frühen Neuzeit“ am Historischen Seminar der Johannes Gutenberg-Universität erstellt. Dieses Seminar war eingebettet in das von der Stiftung Innovation in der Hochschullehre geförderte Projekt „Mainzer Modelle für digital erweitertes Lehren und Lernen (ModeLL-M)“ (https://modell-m.uni-mainz.de).
Zum Autor:innenkollektiv gehörten Aileen Valentina Jasmin Bauer, Loredana Ida Bland, Johannes Eckhardt, Sarah Funk, Charlotte Kristina Groß, Rebecca Kleinort, Lea Milnazik sowie Prof. Dr. Bettina Braun.
V.i.S.d.P.: Prof. Dr. Bettina Braun, Johannes Gutenberg-Universität, Jakob-Welder-Weg 18, 55128 Mainz, E-Mail: braunbe@uni-mainz.de
Sollten sich trotz sorgfältiger Recherche Irrtümer eingeschlichen haben, bitten wir um Hinweis an: braunbe@uni-mainz.de
Das Autor:innenkollektiv dankt nachdrücklich dem Stadtarchiv Mainz, insbesondere dessen Leiter Prof. Dr. Wolfgang Dobras, dem Landesarchiv Saarbrücken und dem Stadtarchiv Blieskastel für vielfältige Unterstützung bei der Recherche sowie die Reproduktionsgenehmigung und die Zurverfügungstellung der Bildquellen. In dieser Hinsicht sind wir auch Herrn Dr. Franz Michel vom Domdechant Wernerschen Weingut in Hochheim und dem Dom- und Diözesanmuseum Mainz zu Dank verpflichtet. Sehr herzlich danken möchten wir auch Herrn Gernot Frankhäuser vom Landesmuseum Mainz, der uns an seiner Expertise für Porträts der Zeit hat teilhaben lassen, sowie Frau Eva Weickart vom Frauenbüro der Stadt Mainz für ihre Einblicke in die Erstellung eines Frauenkalenders. Die Umsetzung unserer Ideen wäre nicht möglich gewesen ohne die Universitätsbibliothek Mainz, die freundlicherweise die Gestaltung und technische Umsetzung übernahm; hier danken wir insbesondere Frau Silke Mohr für die unkomplizierte Kooperation.
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