Ob extreme Hitzewellen, massive Flutkatastrophen oder Dürren – die globalen Auswirkungen der Klimakrise machen sich jedes Jahr bemerkbarer. Dabei ist Umweltschutz seit den 70er-Jahren kein Fremdwort mehr. Nicht nur in der Weltpolitik spielt der Kampf gegen die Klimakrise eine Rolle. Auch an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) entwickeln zielstrebige Studierende eigene Projekte für eine klimafreundliche und nachhaltige Universität.
Déjà-vu
Es ist nicht das erste Mal, dass die Johannes Gutenberg-Universität Mainz sich den Problematiken der menschengemachten Klimakrise stellt. Bereits im Mai 1971 bieten das Studium Generale und Prof. Dr. Schäfer einen interdisziplinären, zwölfwöchigen Einführungskurs an. Statt „Klimakrise“ ist damals „Umweltschutz“ der Sammelbegriff, der sich vor allem auf die durch die industrielle Entwicklung verursachte Verschmutzung der Luft, der Gewässer und des Bodens bezieht. Auch vor 52 Jahren wird darauf aufmerksam gemacht, dass der Mensch weitreichende Auswirkungen auf die Umwelt und das Klima hat, welche das Dasein von allen Lebewesen der Erde nachhaltig verändern und bedrohen. Diese Faktenlage beleuchteten die Dozenten der Mainzer Universitätsgespräche mit dem Titel „Umweltfragen“.
Doch das Interesse an der Veranstaltung hielt sich in Grenzen. Das Angebot wurde von den Studierenden „zur Kenntnis genommen“. Eine mögliche Erklärung bietet der damalige Vizepräsident der JGU Dr. Backmann in einem Interview der Universitätszeitung JoGu:
„Um einen Ausbildungsgang [zur Umweltschützer:in] einrichten zu können, der mehr als nur eine Anhäufung von speziellen Einzeldisziplinen ist, müssen wir zunächst ein breiteres Verständnis von Umweltforschung und Umweltschutz gewinnen.“ [Backmann in Druckwerke / Jo Gu [358] / Suche Umweltforschung (uni-mainz.de)]
Die Umweltforschung und der Umweltschutz wurden nicht klar definiert. Dadurch wurde die Motivation der Studierenden beeinträchtigt, sich gemeinsam für die Umwelt einzusetzen. Die Arbeitsgruppen und Seminare stellten dennoch einen wichtigen Baustein dar.
Denn in den 80er und 90er Jahren begonnen Studierendenbewegungen sich verstärkt für ein Abschalten der Atomkraftanlagen einzusetzen. Auch das deutschlandweite Waldsterben wurde durch Schwefeloxid und saurem Regen so massiv, dass es nicht mehr ignoriert werden konnte und von Studierenden in ihrem Engagement aufgenommen wurde. Somit rückte auch die Umweltforschung und der Blick in die Zukunft in den Vordergrund der Studierenden und der JGU.
Ein Beispiel dafür ist das vierte Umweltsymposium am 10. Dezember 1993, bei dem die steigenden Schadstoffanteile im Waldboden adressiert wurden.
Die besondere Partizipation der Studierenden zeigt folgende Posterausstellung: 74 Arbeitsgruppen der JGU präsentierten die Vielfalt der Forschungsansätze, die im Zusammenhang mit der Umweltproblematik gefordert wurden.
Heute, 52 Jahre später ermöglicht der Austausch der Studierenden verschiedener Studienfächer einen Raum für Projektumsetzungen, bei dem alle Perspektiven zu Klimaschutz, Klimagerechtigkeit und Nachhaltigkeit Platz finden. „Die Ursachen der Klimakrise sind genauso vielschichtig wie ihre Lösungswege. Deshalb zählen die Projektumsetzungen auf die vielen Kenntnisse und Kompetenzen der Studierenden.“, sagt der Koordinator des Zukunftsmoduls Timo Graffe.
Die Erkenntnisse der 70er Jahre Umweltforschung zeigen, dass der Mensch großen Einfluss auf seine Umwelt nimmt. Gleichzeigt lässt sich schließen, dass das Lernen und „Zur Kenntnis nehmen“ einer Lernveranstaltungen wie einen Einführungskurs keine Veränderung schafft. 52 Jahre später bietet das Climate Lab den Handlungsimpuls, der für die Entwicklung einer klimafreundlichen Universität beiträgt. Statt Frontalunterricht tauschen die Studierenden ihre Erfahrungen, Ideen und Kenntnisse mit anderen Studierenden anderen Studienfächern aus.
Das große Bild von den 70ern, über die 90er bis zur Gegenwart zeigt, dass Studieren und der Einsatz für einen auch weiterhin bewohnbaren und lebenswerten Planeten nicht nur gemeinsam möglich sind, sondern hervorragend zusammenpassen und vermutlich immer zusammengehören werden. Denn bei Beidem geht es um die Gestaltung der Zukunft, sei sie persönlich oder global. Über die letzten Jahre und Jahrzehnte wurde immer deutlicher klar, dass es eine Trennung zwischen diesen beiden Kategorien eigentlich nicht gibt und das besonders globale Verhältnisse ganz konkreten Einfluss auf die individuelle Lebensgestaltung haben können. Genau deshalb reicht es für ein Modul, das sich Zukunftsmodul nennt, nicht aus nur zu informieren und im klassischen Sinne zu lehren, sondern es geht eben auch darum, Handlungsfähigkeit herzustellen und neben Wissen auch Kompetenzen zu entwickeln. Eine Universität, die ihre Studierenden so auf die Krisen und Herausforderungen unserer Zeit vorbereitet, trägt zur Lösung dieser bei und stärkt die Gestalter:innen der Zukunft.
Über das Zukunftsmodul
Das Zukunftsmodul der JGU zielt darauf ab, Klima- und Nachhaltigkeitsbildung interdisziplinär und handlungsorientiert in die universitäre Lehre langfristig zu integrieren. Als Leitziel geht es mir darum, bei Studierenden eine Climate Agency, also eine interdisziplinäre Gestaltungs- und Handlungskompetenz, zu fördern, damit diese eine nachhaltige und klimagerechte Zukunft selbst gestalten und als Multiplikator:innen in die Gesellschaft wirken können.
Dafür wurde ein interdisziplinäres Lernangebot konzipiert, das naturwissenschaftliche, sozial- und kulturwissenschaftliche Inhalte mit dem Fokus auf der Klimawandelthematik aufgreift.
Das Gutenberg Lehrkolleg (GLK), eine zentrale Einrichtung zur Förderung der Lehre an der JGU, berät und finanziert das Projekt Zukunftsmodul.
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