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Universitätsbibliothek Mainz

10.10.2019

Der grüne Faden

Australischen Universitäten eilt ihr Ruf für exzellente Lehre voraus, die jedes Jahr abertausende wissenshungrige Geister aus allen Ländern der Welt anlockt. Weniger bekannt ist, wie engagiert und ambitioniert die dortigen Bildungsstätten in Sachen Klimaschutz sind. So zum Beispiel auch die in Melbourne gelegene Monash University, an der ich das vergangene (deutsche) Sommersemester über studiert habe. Wie genau Nachhaltigkeit in den Studienalltag dort integriert ist, soll der folgende Artikel beleuchten, klimaneutral natürlich.

Universitäten weltweit haben erkannt, dass eine nachhaltige Zukunft vor der eigenen Haustür beginnt. So auch die Monash University in Melbourne. Seit 2005 hat diese sich dem Ziel verschrieben, bis 2030 einen komplett CO2-emissionsfreien Lehrbetrieb zu schaffen: Angefangen mit einer Bestandsaufnahme des Energie- und Emissionsverbrauchs und des Müllmanagements, über die Installation von Solar Panels auf jedem einzelnen ihrer australischen Campus, bis hin zur formellen Anerkennung der 17 Ziele für Nachhaltige Entwicklung der UN.

Nachhaltigkeit wohin das Auge reicht

Wie in Mainz auch, beginnt dieses Engagement hier bereits auf dem Weg zur Uni. Monash ist mit Bus und Metro sehr gut zu erreichen und das, obwohl die Campus nicht im Stadtzentrum gelegen sind. Mittlerweile reisen mehr als 50 % der Studierenden und des Personals mit den Öffentlichen an. Zwischen den unterschiedlichen Standorten der Bildungsstätte verkehren Shuttlebusse, die die wissbegierigen Massen von A nach B befördern, selbstverständlich kostenlos. Auch mit dem Fahrrad kann man sich auf dem Campus und dem Weg dorthin sehr bequem fortbewegen, es stehen ausreichend Fahrradständer zur Verfügung und wer sich nach einer schweißtreibenden Tour erfrischen möchte, kann das in den unzähligen Duschen tun.

Hat man sein Fahrrad abgestellt oder ist man aus dem Bus gestiegen, fällt aufmerksamen Betrachterinnen und Betrachtern schnell auf, dass der Campus umfangreich begrünt ist und auch mir erschien es so, als handele es sich hierbei nicht nur um eine Frage der Ästhetik. Als ich eines schönen Morgens mein Handy zückte, um die wunderschönen, mir völlig unbekannten Pflanzen und das rege tierische Getümmel einzufangen, steuerte ein Landschaftsbauer auf mich zu: „Eremophila, eine endemische Art sehen Sie hier.“ In den Bepflanzungsrichtlinien der Universität steht ausdrücklich, dass die Bildungsstätte Wert darauf legt, ausschließlich einheimische Flora auf dem eigenen Gelände blühen zu lassen. Hierdurch soll die allgemeine Artenvielfalt unterstützt und ebenso einheimische Tierarten angelockt werden.

Rückgabetonne für Leih-Kaffeebecher
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Mich hingegen konnte man eher mit einem unwiderstehlichen Kaffeeduft in eines der zahlreichen Campus-Cafés locken. Melbourne ist bekannt für seine vorzügliche Kaffeekultur und die macht auch vor dem Campus nicht Halt. Auch hier versucht die Uni einen Rahmen zu schaffen, in dem der Kaffeegenuss nicht gleichbedeutend mit Bergen an Wegwerfbechern wird: Wer seine eigene Thermoskanne in der morgendlichen Hektik auf dem Küchentisch vergessen hat, der kann, ähnlich wie am Mainzer Campus, ganz unkompliziert einen „Borrow-Cup“ ausleihen und ihn nach getaner Arbeit, gerne auch nach mehrmaligem Gebrauch, wieder zurückbringen. Das Mitbringen eines wiederverwendbaren Behälters wird mit einem Preisnachlass von 20 ct. belohnt.

Der Gebäudesektor als Klimasünder

Eilt man dann mit dem Kaffee in der Hand zur Vorlesung, begleitet das Nachhaltigkeitskonzept einen wie ein Leitmotiv in den Hörsaal. Laut einem Bericht des UN Environment Programme stellt der Bau- und Gebäudesektor den stärksten Verursacher von Treibhausgasemissionen dar. Allein im Betrieb der Monash Uni sind die Campusgebäude für 80 % des CO2-Fußabdrucks der Einrichtung verantwortlich. Daher scheint es erstrebenswert, das Hauptaugenmerk auf den Bereich der Gebäudeentwicklung zu legen.

Das ist der Fall in der Nachhaltigkeitsstrategie meiner australischen Uni: Unter dem, was in der englischsprachigen Welt als “best practices” bekannt ist, werden fünf verschiedene Ansätze verfolgt. Sustainable Design Tools, Monash sustainable development policy, Sustainable new building design, Living laboratory und Best practice buildings sollen ihren Teil dazu beitragen, studieren grüner und nachhaltiger zu gestalten. Hinter diesen Schlagwörtern stehen Initiativen, die beispielsweise darauf abzielen, bei der Auswahl von Baumaterial darauf zu achten, das jeweils umweltfreundlichste zu wählen (der Ansatz wurde übrigens von einer Ingenieursstudentin aus Monash entwickelt) oder sich verpflichten, dass alle Neubauten mindestens eine 5-Sterne “Green Star As-Built” Auszeichnung erhalten. (Interessante Literatur zu diesem australischen Nachhaltigkeitszertifikat kann man im Rechercheportal der UB finden). Das nicht nur unter architektonischen Aspekten herausragende Green Chemical Futures Gebäude beispielsweise, an dem auch ich jeden Tag vorbeilief, hat vor kurzem ein 5-Sterne-Design-Zertifikat erhalten.

Wenn die Politik schläft: Universitäten als Vorbilder im Klimaschutz

Während der australische Premierminister Scott Morrison auf dem UN-Klimagipfel durch Abwesenheit glänzte und an der Kohleförderung in Down Under festhält, übernehmen die Universitäten des Landes Verantwortung: Mit all diesen Maßnahmen verfolgt die Monash University das ambitionierte Ziel, bis 2030 ihren Betrieb komplett emissionsfrei zu gestalten. Hierfür wird der Campus selbst zu einem Versuchslabor der nachhaltigen Entwicklung: Lehre und Forschung in Sachen nachhaltige Gebäudekonzeption sind eng miteinander verbunden und finden praktische Anwendung etwa im Rahmen von Ringvorlesungen, Tutorials und Workshops, die interdisziplinär aufgestellt sind und damit eine ganze Bandbreite von Studierenden erreichen.

Aber nicht nur in Australien bewegt der Klimaschutz die universitäre Landschaft: Im Rahmen unserer Artikelreihe werden wir uns demnächst genauer anschauen, was zum Thema Nachhaltigkeit in der Forschung und Lehre der JGU auf der Tagesordnung steht. Eins steht fest: Ob in Melbourne oder Mainz, im Kampf gegen den Klimawandel führt an den Universitäten kein Weg vorbei. Das hat die JGU kürzlich ganz anschaulich unter Beweis gestellt, als Studierende und Angestellte sich maßgeblich an der Mainzer Friday for Future Demo beteiligt haben, worüber wir in den nächsten Artikeln auch nochmal ausführlicher berichten werden. Wie sieht es mit euren Erfahrungen aus: Ist Nachhaltigkeit ein Thema an eurer Universität während des Auslandssemesters gewesen?